Mit den Frauen für Gerechtigkeit, den ehemaligen Boykottfrauen, war sie 1996 Mitbegründerin der KASA.
Ursula Trautwein starb am 27. September im Alter von 92 Jahren. In den 1970er Jahren begründete und organisierte sie mit evangelischen Frauen die Kampagne „Kauft keine Früchte der Apartheid“ und den Aufruf zum Banken-Boykott gegen Südafrika. Sie trug den Protest als Stadtverordnete in die Frankfurter Politik und platzierte ihn auf Deutschen Evangelischen Kirchentagen.
Gemeinsam mit ihrem Mann Dieter war sie zu Gast bei vielen prominenten südafrikanischen Aktivist:innen, die sie auch in Frankfurt im Pfarrhaus beherbergte. So kam sie auch in ihrem Besitz der Mandela-Bibel, die Winnie Mandela 1987 nach Frankfurt schickte. Das Besondere: ihr Innenleben bietet Platz für eine Pistole. Zur Gedenkfeier anlässlich des Todes von Nelson Mandela brachte Trautwein die Bibel mit und berichtete:
„Das Buch, das ich hier in der Hand habe, gehört Winnie Mandela. Es ist eine gewaltsam beschädigte Bibel in der SesutuSprache. Winnie Mandela hat auf der ersten Seite beschrieben, was mit ihrer Bibel geschehen ist. Bei einem Überfall auf das Haus der Mandelas 1976, haben die Täter diese Bibel zur Drohung auf das Kopfkissen von Frau Mandelas Bett gelegt. Warum hat Winnie Mandela diese Bibel mit nach Deutschland gegeben? Damit wir nicht vergessen, von wem die Gewaltandrohung in Südafrika ausgeht und als Beispiel, mit welchen Methoden die christliche Regierung sie und viele andere verfolgt. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 1987 in Frankfurt spielte die Situation in Südafrika eine wichtige Rolle. Viele, die heute hier sind, haben an der großen Demonstration von uns Apartheidgegnern und Gegnerinnen teilgenommen, mit dem Aufruf zur Kontenkündigung bei Banken, die das Apartheidregime unterstützen. Die Bibel war auch dabei und kam dann anschließend in die Ausstellung im Frankfurter Bibelzentrum. Als im Sommer 1994 das Ehepaar Mandela auf Einladung von Willy Brandt in Bonn war, konnte ich kurz mit Winnie Mandela sprechen und ihr berichten, wo sich ihre Bibel befindet. Auf meine Frage, ob sie ihre Bibel wieder haben möchte, antwortete sie: „Behaltet sie, sie wird euch auch weiter von unserem Leiden erzählen.“[1]
Viele Jahre lang begleitete sie die Arbeit der KASA, war bei den Jahresversammlungen dabei und half bei der Kontaktvermittlung. Als die KASA 2013 nach den großen Streiks auf den Weinfarmen Südafrikas eine Kampagne für bessere Lebens, und Arbeitsbedingungen aufbaute, schrieb sie als ehemalige Boykott-Frau: „Umso mehr entsetzt mich, dass nach so vielen Jahren wohl noch auf den meisten Farmen die alten unterdrückerischen Methoden genützt werden wie zu Apartheidzeiten, auch durch eine angeblich liberale Regierungschefin in der Kapprovinz unterstützt.“[2]
Schon bei der Gründung der KASA war Frauen wie Trautwein klar gewesen, dass mit einer politisch gewonnenen Wahl noch bei weitem kein Systemwechsel vollzogen war, dass der Stab an die nächste Generation von Aktivist:innen weitergegeben werden muss. Das hat sie mit viel Elan in die Wege geleitet und dafür sind wir ihr sehr dankbar.
Hamba Kahle, Ursula, ruhe in Frieden.