Treaty Alliance Deutschland: Stellungnahme zum zweiten Abkommensentwurf

Treaty Alliance D: Stellungnahme 2. Entwurf

Die Treaty Alliance Deutschland, zu der auch die Werkstatt Ökonomie gehört, legte dieser Tage ihre Stellungnahme zum zweiten überarbeiteten Entwurf für ein verbindliches UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten vor.

Bislang fanden in Genf fünf Verhandlungsrunden statt, bei denen Regierungen, Rechtsexpert*innen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und Wirtschaft über die rechtliche Ausgestaltung des Abkommens debattierten. Auf Grundlage dieser Konsultationen hat die ecuadorianische Verhandlungsleitung im August 2020 einen überarbeiteten Abkommensentwurf veröffentlicht („Second Revised Draft“), der gegenüber den Vorgängerversionen an Stringenz und Klarheit gewonnen hat. Der Entwurf bildet die Grundlage für substantielle Verhandlungen während der sechsten Sitzung der Arbeitsgruppe vom 26. bis 30. Oktober 2020.

Die diesjährige Verhandlungsrunde kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt, da sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland in diesem Jahr entschieden wurde, dass Unternehmen zu menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfalt verpflichtet werden sollen. EU-Justizkommissar Reynders hat im April 2020 angekündigt, dass seine Direktion im Frühjahr 2021 einen Vorschlag für die verbindliche Verankerung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten auf EU-Ebene vorlegen wird. In Deutschland ist eine Grundsatzentscheidung für ein Lieferkettengesetz gefallen, nachdem die Überprüfung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte ein eindeutiges Scheitern der freiwilligen Unternehmensverantwortung gezeigt hat.

Bislang hatte die Bundesregierung gegen eine aktive Beteiligung an dem Prozess zum UN-Abkommen stets eingewandt, dass sie sich nicht für internationale Regeln aussprechen kann, solange es auf nationaler Ebene keine Grundsatzentscheidung für eine gesetzliche Regelung gibt. Da sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland nun verpflichtende Menschenrechtsregeln für Unternehmen auf den Weg gebracht werden, sollte die Bundesregierung – ebenso wie die deutsche Wirtschaft – eigentlich ein vitales Interesse an einem UN-Abkommen haben, das alle Staaten weltweit zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt im Wirtschaftsgeschehen verpflichtet. Momentan öffnet sich ein einzigartiges Gelegenheitsfenster, hinsichtlich der Menschenrechte und der Umwelt international gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen – das sogenannte level playing field.

Der aktuelle Abkommensentwurf kommt den von der EU-Kommission und der Bundesregierung geäußerten Bedenken weit entgegen. So sieht der Entwurf vor, dass die Vertragsstaaten ihre Unternehmen zu menschenrechtlicher Sorgfalt verpflichten müssen. Im aktuellen Entwurf wird klargestellt, dass die Pflichten nicht nur für transnational tätige, sondern auch für lokale und staatseigene Unternehmen gelten müssen. Zudem wurde die Kohärenz des Vertragsentwurfs mit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verbessert. Schließlich ist - wie auf EU-Ebene und in Deutschland - vorgesehen, dass die Missachtung von Sorgfaltspflichten durch Unternehmen zu Sanktionen führen muss. Insgesamt wird verstärkt auf Bestimmungen aus bestehendem internationalen Recht verwiesen und deutlich gemacht, dass immer der höchstmögliche Standard, der möglicherweise auch erst zukünftig entwickelt wird, gelten soll. So wird sichergestellt, dass das Abkommen offen für Entwicklungen im Bereich der menschenrechtlichen Sorgfalt ist.