MenschenWürdiges Gedenken. Grabsteine aus verantwortlicher Herstellung
Die öffentliche Debatte um die Arbeitsbedingungen bei der Grabsteinfertigung hält unvermindert an: Zunehmend kommt nicht nur das Rohmaterial aus Fernost, sondern auch die fertig bearbeiteten Grabmale. An diesem Trend ändert auch nichts, dass in den Medien immer wieder über Fälle von ausbeuterischer Kinderarbeit – vor allem in indischen Steinbrüchen – berichtet wird. Viele Kommunen in Baden-Württemberg haben in den letzten Jahren in ihren Friedhofsatzungen Regelungen getroffen, die das Aufstellen von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit verbieten. Dagegen haben Steinmetze Klagen eingereicht, denen der Verwaltungsgerichtshof Mannheim in bisher fünf Fällen stattgegeben hat. Das führt zu großer Verunsicherung, und viele Kommunen streichen die gerade beschlossenen Regelungen in ihren Friedhofsatzungen wieder.
Alles in allem ist die Situation in jeder Hinsicht unbefriedigend: Eine ganze Branche sieht sich ungerechtfertigten Vorwürfen ausgesetzt. Die Arbeitsbedingungen in vielen Steinbrüchen und Verarbeitungsbetrieben sind nach wie vor miserabel. Die Kommunen sind angesichts der Urteile handlungsunfähig. Wegen fehlender Nachfrage sind unabhängig zertifizierte Grabsteine auf dem Markt kaum verfügbar. Und die Hinterbliebenen stehen ratlos vor der Frage, was sie tun können, um ein Grabmal aus verantwortungsvoller Herstellung zu kaufen.
Auswege
- Die Landesregierung muss durch die Novellierung des Bestattungsgesetzes endlich die Grundlage für die rechtssichere Verankerung eines Verbots von Grabsteinen aus Kinder- und Sklavenarbeit in kommunalen Friedhofsatzungen schaffen. Eine entsprechende parlamentarische Initiative ist im letzten Jahr gescheitert.
- Es braucht eine Versachlichung der Diskussion und eine Verständigung darüber, welche Nachweise für die Einhaltung grundlegender Arbeitsstandards in der Natursteinherstellung als glaubwürdig gelten können. Eine Einschätzung dazu finden Sie unten.
- Die Kommunen in Baden-Württemberg, aber auch die Steinmetze selbst, sollten die Hinterbliebenen für die Problematik sensibilisieren und über mögliche Handlungsoptionen informieren. Ein Materialangebot dazu finden Sie unten.
Was können Hinterbliebene tun?
- Kaufen Sie möglichst einen heimischen Stein. Damit vermeiden Sie lange Transportwege und schonen die Umwelt. Und Sie können davon ausgehen, dass er sozial und ökologisch verantwortlich gewonnen und verarbeitet wurde.
- Entscheiden Sie sich für einen überarbeiteten Stein. Der hat schon eine Geschichte, die vielleicht sogar mit der Ihrer Familie verknüpft ist. Darüber hinaus werden Ressourcen eingespart und der Arbeitswert kommt dem regionalen Wirtschaftskreislauf zugute. Ihr Steinmetz informiert Sie, ob ein Stein für die Wiederverwendung geeignet ist.
- Kaufen Sie einen Stein aus Übersee nur, wenn er glaubwürdig zertifiziert ist. Das Zertifikat sollte sich nicht nur auf ausbeuterische Kinderarbeit beziehen, sondern die Einhaltung aller acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bestätigen. Besonders empfehlenswert sind laut Verbraucher Initiative die Siegel von XertifiX und Fairstone. | www.label-online.de
Zertifikate
Fair Stone ist ein internationaler Sozial- und Umweltstandard, der Natursteinimporteure auszeichnet, die faire Arbeitsbedingungen in der Gewinnung und Verarbeitung realisieren. Das Fair Stone-Siegel wird vom Fair Stone e.V. vergeben; Mitglieder sind Personen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Fair Stone betreut aktuell Lieferketten in China, Vietnam und Indien und hat ca. 20 Zeichennehmer, darunter einen, der auch Rohblöcke für Grabsteine anbietet. | www.fairstone.org
XertifiX setzt sich für sozial- und umweltverträgliche Arbeitsbedingungen in Steinbrüchen und Natursteinbetrieben in Indien und seit 2014 auch in China und Vietnam ein. Getragen wird der Verein durch Gewerkschaften, Politiker, bekannte Persönlichkeiten und soziale Aktionsgruppen. Die Einhaltung des XertifiX-Standards wird mit Kontrollen überprüft und die Natursteine gegebenenfalls zertifiziert. XertifiX hat derzeit 14 Zeichennehmer, darunter demnächst auch einen, der Grabsteine liefert. | www.xertifix.de
IGEP ist ein privates Beratungsunternehmen und eine Stiftung zur Stärkung sozial verantwortlicher und umweltverträglicher Wirtschaftsbeziehungen zwischen Indien und der Europäischen Union. Ein Arbeitsfeld ist die Auditierung und Zertifizierung von Produkten und Produktionsprozessen, auch von Natursteinen. Die Kriterien, nach denen das IGEP-Siegel vergeben wird, sind zurzeit nicht öffentlich zugänglich. Nach unserer Einschätzung erfüllt IGEP auch nicht das Kriterium der Unabhängigkeit: Es gibt enge Verbindungen mit deutschen Natursteinimporteuren, zivilgesellschaftliche Akteure sind nicht beteiligt. | www.igep.org
Was ist ein glaubwürdiger Nachweis?
Eine wichtige Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit eines Nachweises ist, dass die Kriterien für seine Vergabe objektiv nachvollziehbar und öffentlich verfügbar sind. Außerdem sollten der Nachweis und die Vergabekriterien in einem offenen und transparenten Verfahren eingeführt werden, an dem alle relevanten Interessengruppen teilnehmen können. Informationen über die Steuerungsorgane und die Satzung/Statuten müssen für die Öffentlichkeit ebenfalls zugänglich sein.
Unabdingbar für die Glaubwürdigkeit eines Nachweises ist es, dass die Einhaltung der Kriterien durch unabhängige Dritte überprüft wird und dass die Nutzer des Nachweises keinen maßgeblichen Einfluss auf die Vergabe(kriterien) haben.
Einen umfassenden Katalog mit Mindestanforderungen an glaubwürdige Nachweise bietet die Plattform www.siegelklarheit.de, die von der Bundesregierung initiiert wurde und in deren Steuerungskreis mehrere Bundesministerien vertreten sind.
Materialangebot
Für die Sensibilisierung von Hinterbliebenen stellen der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB) und die Werkstatt Ökonomie, unterstützt vom Landesinnungsverband Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk Baden-Württemberg, Plakate und Faltkarten zur Verfügung (Download siehe unten). Wir stellen sie Friedhofsämtern, Steinmetzbetrieben, Pfarrämtern und anderen MultiplikatorInnen gerne zur Verfügung, die Faltkarten auch in größerer Stückzahl. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an Uwe Kleinert (uwe.kleinert, Telefon 06221 43336-11). @woek.de
Anzeigenvorlagen und Mustertexte
Außerdem stellen wir Anzeigenvorlagen in unterschiedlicher Größe und Mustertexte verschiedener Länge zur Verfügung, die in kirchlichen oder kommunalen Gemeindeblättchen, in Friedhofswegweisern oder vielleicht sogar auf der Trauerseite der Tageszeitung platziert werden können. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an Uwe Kleinert (uwe.kleinert, Telefon 06221 43336-11). Dort erhalten Sie auch die druckfähigen Vorlagen, die bei Bedarf in der Größe angepasst werden können. @woek.de
Downloads & Links
Downloads
- MenschenWürdiges Gedenken: Plakat
- MenschenWürdiges Gedenken: Faltkarte
- MenschenWürdiges Gedenken: Mustertexte
- Menschenwürdiges Gedenken: Anzeigenvorlagen
Links (weitere Informationen)
- Broschüre „MenschenWürdiges Gedenken. Grabsteine aus verantwortlicher Herstellung. Zum Stand der Diskussion in Baden-Württemberg” (Dezember 2016)
- Workshop „Grabsteine ohne Kinderarbeit - Wege aus der Sackgasse?” (Juli 2015)
- Broschüre „Natursteine nachhaltig beschaffen: für Umweltschutz und Menschenrechte!” (Dezember 2014)
- Faltblatt „Marmor, Granit & Co.: Was ist wichtig beim Natursteinkauf?” (Dezember 2014)