Knapp 120 Interessierte aus Landesverwaltungen und Kommunen, aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft, Kirchen und Universitäten trafen sich am 21. und 22. Juni 2018 im Hospitalhof in Stuttgart zur 6. Fachkonferenz für sozial verantwortliche Beschaffung von IT-Hardware, um sich über die Möglichkeiten der öffentlichen Hand auszutauschen, durch nachhaltige Beschaffung zur Verbesserung der menschenrechtlichen Bedingungen entlang der Lieferkette von IT-Hardware beizutragen. Ein Schwerpunkt lag diesmal auf der Rohstoffförderung und der Vermeidung von Konfliktrohstoffen.
Die Konferenz wurde gemeinsam vom DEAB – Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V. (Stuttgart), WEED – Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung e.V. (Berlin) und Werkstatt Ökonomie e.V. (Heidelberg) zusammen mit dem Zentrum für Entwicklungspolitische Bildung (ZEB) und dem Evangelischen Bildungszentrum Hospitalhof veranstaltet und von der Engagement Global gGmbH mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und dem Staatsministerium Baden-Württemberg finanziert.
Nach der Begrüßung und einem ermutigenden Grußwort von Dr. Andre Baumann vom Umweltministerium Baden-Württemberg berichteten der chinesische Arbeitsrechtsaktivist Len Abe und Dr. Claude Kabemba, Direktor von Southern Africa Resource Watch, anschaulich über die Bedingungen in der IT-Fertigung in China bzw. bei der Rohstoffgewinnung in der Demokratischen Republik Kongo.
Sören Enholm, Geschäftsführer von TCO Development, informierte anschließend darüber, wie mit dem Label TCO Certified die Einhaltung menschenrechtlicher Standards in der Lieferkette unabhängig nachgewiesen werden kann. Rechtsanwältin Katja Gnittke warb schließlich in ihrem engagierten Vortrag dafür, die neuen vergaberechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um Sozial- und Arbeitsstandards und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in Ausschreibungen einzubeziehen.
Im Rahmen einer öffentlichen Abendveranstaltung berichteten Len Abe, Claude Kabemba und Reina Mateo, Menschenrechtsverteidigerin des Maya Volkes Q‘anjobal (Guatemala), darüber, wie sie vor Ort für die Durchsetzung der Menschen- und Arbeitsrechte eintreten und welchen Repressalien sie dabei ausgesetzt sind. Reina Mateos Mann wurde 2013 sogar ermordet, weil er sich für den Erhalt des Territoriums der indigenen Bevölkerung in Konflikten um Rohstoffminen einsetzte.
Den Einstieg in den zweiten Tag der Konferenz bildete die Präsentation von drei Praxisbeispielen zur sozial verantwortlichen Beschaffung von IT-Hardware durch Manfred Abele von der Landeshauptstadt Stuttgart, Henning Elbe von Dataport, einem IT-Dienstleister für sechs Bundesländer, und Jens Lehner von IT.Niedersachsen, der durch die Beschaffung von Nager IT-Mäusen für die gesamte Polizei in Niedersachsen Schlagzeilen machte. Anschließend wurden die angesprochenen und weitere Themen in zwei Workshop-Runden vertieft, unter anderem zur Frage der Konfliktrohstoffe und zur Green IT-Strategie Baden-Württembergs.
Im Vorfeld der Fachkonferenz hatte die Werkstatt Ökonomie eine Studie zur öffentlichen Beschaffung von IT-Hardware in Baden-Württemberg erstellt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass es in Baden-Württemberg zwar eine Reihe von Grundsätzen und Leitlinien gebe, die die Beachtung sozialer Standards in der Beschaffung des Landes nahelegen, dass diese aber bei IT-Hardware bisher kaum ihren Weg in die Beschaffungspraxis gefunden hätten. Nötig seien unter anderem eine stärkere Verzahnung der unterschiedlichen Strategien und Initiativen sowie eine verbindliche Vorgabe zur Beachtung sozialer Mindeststandards beim IT-Einkauf in der Verwaltungsvorschrift Beschaffung.
Die Veranstalter*innen zeigten sich sehr zufrieden mit der Resonanz und dem Verlauf der Fachkonferenz. Sie habe nicht nur in bewährter Form zur Vernetzung der Akteur*innen aus unterschiedlichen Kontexten beigetragen, sondern – das verrieten die Rückmeldebögen der Teilnehmer*innen – das Wissen um sozial verantwortliche Beschaffung gestärkt, neue Ideen und Impulse vermittelt und Anstöße für konkrete sozial verantwortliche Beschaffungsprojekte gegeben.
Seit 2013 hat sich die jährlich stattfindende IT-Konferenz als wichtige bundesweite Lern- und Austauschplattform für Beschaffer*innen, Vergabejurist*innen, Unternehmen und Zivilgesellschaft etabliert. Der Dialog wird in Sachsen auf der 7. Fachkonferenz am 9. und 10. Mai 2019 in Leipzig fortgeführt. Thematische Schwerpunkte sollen dort die Verlängerung der Nutzungsdauer und das Recycling von IT-Hardware sein.
Downloads
Dokumentation der Fachkonferenz
Aussteller*innen beim Markt der Möglichkeiten
Studie „Öffentliche Beschaffung von IT-Hardware in Baden-Württemberg”
Vorträge im Plenum
Sts. Dr. Andre Baumann
Grußwort
Len Abe
Hintergründe zur Menschenrechtssituation in der chinesischen IT-Fertigung
Deutsche Zusammenfassung (Thomas Horn)
Claude Kabemba
Hintergründe zu Konfliktrohstoffen und Menschenrechtsverletzungen bei Rohstoffabbau und -handel in der DR Kongo
Deutsche Übersetzung des Vortrags (Marie Holdik)
Sören Enholm
Sozial verantwortliche öffentliche Beschaffung: Nachweisführung mit TCO Certified
Manfred Abele
Praxisbeispiel Landeshauptstadt Stuttgart
Henning Elbe
Praxisbeispiel Dataport
Jens Lehner
Praxisbeispiel IT.Niedersachsen
Aus den Workshops
Workshop 1
Präsentation von Ann-Kathrin Voge und Max Mangold
Protokoll des Workshops
Workshop 2
Präsentation von Siegfried Dewaldt
Protokoll des Workshops
Workshop 3
Präsentation von Erik Heyden
Präsentation von Marie Holdik
Protokoll des Workshops
Workshop 4
Protokoll des Workshops
Workshop 5
Präsentation von Peter Pawlicki
Präsentation von Lars Kühnel u.a.
Protokoll des Workshops
Workshop 6
Präsentation von Annelie Evermann
Protokoll des Workshops