Koalitionsvertrag: Bekenntnis zum EU-Lieferkettengesetz

SPD, Grüne und FDP haben heute ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Johannes Heeg, Sprecher des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Initiative Lieferkettengesetz”, kommentiert:

„Die Ampel-Koalition bekennt sich zu einem wirksamen EU-Lieferkettengesetz, das auf den UN-Leitprinzipien basiert. Das ist ein wichtiges Signal, denn: SPD, Grüne und FDP erkennen damit an, dass das deutsche Lieferkettengesetz nicht ausreicht. Um Menschenrechte und Umwelt in den Lieferketten von Unternehmen wirksam zu schützen, braucht es eine stärkere, europaweite Regelung.

Dieser Ankündigung müssen jetzt Taten folgen: Die neue Bundesregierung sollte sich in Brüssel aktiv für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einsetzen. Betroffene von Menschenrechtsverletzungen brauchen endlich die Möglichkeit, Schadensersatz von Unternehmen einzuklagen. Das EU-Lieferkettengesetz muss einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten. Und es muss dafür sorgen, dass Sorgfaltspflichten ohne Abstufungen für die gesamte Wertschöpfungskette gelten – so wie in den UN-Leitprinzipien vorgesehen.

Das Europaparlament hat bereits einen entsprechenden Entwurf vorgelegt – parteiübergreifend und mit den Stimmen aller Parteien der neuen Koalition. Dieser Entwurf muss der Maßstab sein. Das deutsche Lieferkettengesetz bleibt dagegen bislang hinter den Anforderungen der UN-Leitprinzipien zurück. Wir begrüßen daher, dass der Koalitionsvertrag eine Verbesserung des deutschen Lieferkettengesetzes vorsieht.“

Hintergrund

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UN Guiding Principles on Business and Human Rights) von 2011 gehören zu den wichtigsten international anerkannten Standards zur Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechte. Aus ihnen geht unter anderem hervor, dass die Sorgfaltspflichten von Unternehmen deren gesamte Geschäftstätigkeit betreffen, also die Lieferkette von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung. Außerdem betonen die UN-Leitprinzipien das Recht von Betroffenen auf Wiedergutmachung, wenn sie Menschenrechtsverletzungen durch wirtschaftliche Akteure erlitten haben.

Im heute veröffentlichten Koalitionsvertrag heißt es: "Wir unterstützen ein wirksames EU-Lieferkettengesetz, basierend auf den UN-Leitprinzipien Wirtschaft und Menschenrechte, das kleinere und mittlere Unternehmen nicht überfordert. Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten wird unverändert umgesetzt und gegebenenfalls verbessert."

Das Europäische Parlament hat sich im März parteiübergreifend im "Legislativbericht über menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten" für ein europäisches Lieferkettengesetz ausgesprochen. Inhaltlich ist das Europaparlament dabei weit über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgegangen: Eine zivilrechtliche Haftungsregelung soll Betroffenen den Zugang zu Gerichten erleichtern. Unternehmen sollen entlang der gesamten Wertschöpfungskette proaktiv handeln. Und der vorgeschlagene Anwendungsbereich ist größer als im deutschen Gesetz, es würden also mehr Unternehmen erfasst. Die EU-Kommission hat angekündigt, noch im Dezember einen Gesetzentwurf dazu vorzulegen.

Die Initiative Lieferkettengesetz hat sich 2019 gegründet und für ein Lieferkettengesetz in Deutschland eingesetzt. Dieses hat die Bundesregierung im Juni 2021 verabschiedet – allerdings in einer stark abgeschwächten Form, die in Teilen nicht mehr den UN-Leitprinzipien entspricht.  Das zivilgesellschaftliche Bündnis hat daher angekündigt, sich fortan für ein starkes europäisches Lieferkettengesetz einzusetzen.

Trägerorganisationen der Initiative Lieferkettengesetz

Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland e.V. (agl), Brot für die Welt, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Christliche Initiative Romero e.V. (CIR), CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Forum Fairer Handel e.V., Germanwatch e.V., Greenpeace e.V., INKOTA-netzwerk e.V., Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V., Oxfam Deutschland e.V., SÜDWIND e.V., ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, WEED - Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V., Weltladen-Dachverband e.V., Werkstatt Ökonomie e.V.

Weitere 110 Organisationen unterstützen die Initiative Lieferkettengesetz.