Wie jeder Populist stellt auch Donald Trump schnell fest, dass weder die internen Probleme der USA wie Inflation, hohe Nahrungsmittelpreise oder Wohnungskrise noch die externen - mit oder ohne Beteiligung der USA - wie die Kriege in der Ukraine/Russland, in Gaza oder in Ostkongo, nicht einfach über Nacht verschwinden, nur weil er an der Macht ist. Diesen Eindruck vermittelte Trump im Wahlkampf und seine Anhänger:innen glaubten daran. Sie sehen in ihm den Macher, der den Anspruch der USA als Ausnahmenation wieder etablieren soll.
Zwei Gefahren im Umgang mit Trump
Im Umgang mit Donald Trump sind zwei Hauptgefahren zu vermeiden: ihn zu unterschätzen und ihn zu ernst zu nehmen. Trump hat in seinen ersten Tagen einen Tatendrang gezeigt und versucht viele Drohungen, die er im Wahlkampf formulierte wahrzumachen. Blickt Mensch auf Entscheidungen der ersten Wochen zurück, stellt man fest, dass er nicht alles durchsetzen konnte, was er ankündigte. Die Zerschlagung der US Entwicklungsagentur USAID konnte vorerst von einem Bundesrichter gestoppt werden. Es läuft eher auf eine Verschlankung als auf eine Abschaffung der Agentur hinaus. Dies zeigt, dass Trumps Ankündigungen nicht wortwörtlich zu nehmen sind und dass es ein bewusstes Kalkül von ihm ist, mit maximalen Forderungen an die Öffentlichkeit zu gehen, wohlwissend, dass er sie aus verschiedenen Gründen nicht ganz durchsetzen kann. Er mag in seiner forschen Art des Auftretens gröber als die meisten seiner Vorgänger erscheinen, in der Ausrichtung seiner Außenpolitik bleibt er dennoch vielen Elementen, Traditionen und Orientierungen der US-Politik der vergangenen Jahre treu. So gesehen sollte man Trump und seine Bedeutung nicht überschätzen. Seine Handlungen sind nicht so neu und außergewöhnlich wie oft behauptet wird.
Auf der anderen Seite sollte man sich davor hüten, Trump zu unterschätzen. Dafür hat er mit seinen Gefolgsleuten einen viel zu ausgeprägten Willen gezeigt, die Grenzen der Macht des Exekutiven soweit wie möglich auszudehnen, um die USA und die Welt nach seinen Vorstellungen umzugestalten. Angesichts des kaum zu erwartenden Widerstands des von der Republikanischen Partei, bzw. der MAGA-Bewegung (Make America Great Again) dominierten Legislativen, bleiben nach innen in der Regel nur Interventionen des Judikativen als Hoffnung übrig. Einigen ist es der Justiz gelungen, Trumps Verordnungen zu stoppen. Nach außen, wie bereits thematisiert, sind es die Gegenschläge oder die Verhandlungsmacht der Partner, die Trumps Agieren Grenzen setzen. Dennoch gilt es festzuhalten: nach innen oder nach außen, egal ob seine Initiativen am Ende Bestand haben, bleibt eine Botschaft haften. Dies ist auch der Fall für seine Sanktionen gegen Südafrika.
Trumps Sanktionen gegen Südafrika: Die implizite Botschaft
Am 8. Februar ordnete Trump an, sämtliche Finanzmittel für Südafrika einzufrieren. Als Begründung für seine Entscheidung thematisierte er „ungerechte und unmoralische Praktiken" der südafrikanischen Regierung. Damit gemeint ist das vom südafrikanischen Parlament im Januar verabschiedete Gesetz, das es der Regierung unter bestimmten Umständen ermöglichen soll, ohne den Artikel 25 der Verfassung zum Schutz des Privateigentums zu ändern, Enteignungen ohne Entschädigung im öffentlichen Interesse vornehmen zu können. Ziel dieses Gesetzes ist es, Unrecht der rassistischen Apartheid-Ära ein wenig auszugleichen. Der über Jahrhunderte andauernde Siedlerkolonialismus in Südafrika hat tiefe Spuren hinterlassen, die den aktuellen Besitzverhältnissen ihren Stempel aufdrücken: „85 % des Vermögens sind im Besitz von 5 % der Bevölkerung (die meisten davon weiße Südafrikaner*innen), während mehr als die Hälfte (die meisten davon Schwarze Menschen) zusammen weniger als 1 % des Vermögens besitzen. Durch diesen Umstand sind Schwarze Südafrikaner*innen zunehmend auf Sozialleistungen angewiesen, die für die Hälfte der Bevölkerung die zweitwichtigste Einkommensquelle darstellen. “ Mit der Machtübernahme 1994 verpflichtete sich der ANC die Landfrage ins Zentrum seiner Reformen zu rücken und „ bis 1999 mindestens 30 % des 86 Millionen Hektar fruchtbaren Ackerlandes an Schwarze Menschen zu übertragen. Dieses Ziel wurde immer weiter verschoben, erst auf 2010, dann auf 2015, und Anfang 2024 ist von dem hehren Versprechen keine Rede mehr. Offiziellen Angaben zufolge wurden im Rahmen staatlicher Landumverteilungs- und Landrückgabeprogramme zwischen 1994 und 2018 nur 8 bis 9 % des kommerziell genutzten Ackerlandes übertragen. “
Mit diesen Statistiken wird schon deutlich, dass Trumps Einmischung auf einer kolonialen Amnesie beruht. Mehr noch: er bot den „Afrikandern“ (Afrikansprachige Nachkommen niederländischer und französischer Siedlerkolnialist:innen), die aus seiner Perspektive "Opfer ungerechter Rassendiskriminierung" seien, an, ihre Umsiedlung in den USA zu unterstützen. Weder die Menschenrechtskommission der UN noch irgendeine ernstzunehmende internationale Instanz hat Kenntnis von einer Gewaltwelle, die in Südafrika gegen die „Afrikander“ gerichtet sei und von der südafrikanischen Regierung hervorgehen würde. Dass Südafrika von Gewalt geprägt ist und diese vor allem die Menschen trifft, die in den Townships wohnen, ist reichlich belegt. Südafrikanische Organisationen und Farmarbeitergewerkschaften berichten davon, dass es mehr Gewalt von weißen Farmern an ihren Schwarzen Farmarbeiter:innen gibt als umgekehrt. Trumps Behauptungen entbehren jeglicher Grundlage. Darüber hinaus dürfte D. Trump als Nachkommen von Siedlerkolonialisten bekannt sein, dass die „Afrikander“ ein ähnliches messianisches Bewusstsein pflegen wie die europäischen Siedler:innen in den USA. Ihre Bezüge zu dem Land, das ihre Vorfahren mit Waffengewalt kolonisierten, hat religiöse Züge. Von daher ist es schwer vorstellbar, dass die „Afrikaner“ mit allen Privilegien, die sie nach wie vor in Südafrika genießen, Südafrika in großen Scharren verlassen. Trump müsste sich dessen bewusst sein, aber sein Agieren hat eine andere Funktion: Er will seinen Anhänger:innen vermitteln, dass er sich um die kümmert, die wie sie aussehen. Indem er das tut, trägt er nicht nur dazu bei, die „white Supremacists“ weltweit zu mobilisieren und zu vernetzen, sondern auch die Geschichte des Siedlerkolonialismus und des Rassismus neu zu definieren, indem die Täter:innen zu Opfern macht. Solche Botschaften machen ihn jenseits dessen, was er mit den einzelnen Handlungen erreicht oder nicht erreicht, sehr gefährlich.