SADC Summit 2024 in Simbabwe: Die Einschüchterung hat triumphiert

Am 17. August fand in Mount Hampden in der Nähe von Harare der 44. Gipfel der Staats- und Regierungschefs der SADC unter dem Thema Promoting Innovation to unlock opportunities for sustained economic growth and development towards an industrialised SADC statt. Am Ende dieses Gipfels wurde der Präsident Simbabwes, Emmerson Mnangagwa als Vorsitzender der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika und der Präsident von Madagaskar, Andy Rajoelina als sein Stellvertreter gewählt. Gemäß den Statuten der SADC wird nächstes Jahr im August Madagaskar den 45. SADC-Gipfel ausrichten.

Infrastrukturen für den Summit

Im August vor einem Jahr in Luanda (Angola) wurde Mnangagwa als stellvertretender Vorsitzender der SADC gewählt. Damit stand fest, dass Simbabwe ein Jahr später den Vorsitz übernehmen würde. Das Land hat seitdem mit Blick auf die Infrastrukturen viel unternommen, um sich von seiner besten Seite zu zeigen: Die Erweiterung des Flughafens Robert Mugabe International Airport wurde frühzeitig fertiggestellt, genauso wie viele Infrastrukturmaßnahmen im Zusammenhang mit dem SADC-Summit. Dies betrifft vor allem die Hauptstraßen rund um die Orte, die von den Staats- und Regierungschefs besucht wurden: Mount Hampden, den neuen Sitz des simbabwischen Parlaments, wo der Gipfel der Staats- und Regierungschefs stattfand, den National Heroes Acre, wo Held:innen des simbabwischen Befreiungskampfes begraben werden und das Museum der afrikanischen Befreiung in Simbabwe. Letzteres ist ein gemeinsames Projekt der Republik Simbabwe und der in Simbabwe ansässigen panafrikanischen Organisation „Institute of African Knowledge“ (INSTAK).  Es erstreckt sich auf mehreren Quadratkilometern und hat das Ziel, eine panafrikanische Einrichtung zu schaffen, in der die vielfältige Geschichte der afrikanischen Befreiung dargestellt wird. Es war zum Zeitpunkt des Gipfels noch „Work in Progress“ und wird auch wahrscheinlich noch länger so bleiben, da es die Idee ist, dass jedes afrikanische Land, das an diesem Museum interessiert ist, einen eigenen Bereich gestaltet. Somit sind die verschiedenen Geschwindigkeiten in der Implementierung und die Vielfalt in der Gestaltung im Projekt Design mitgedacht. Simbabwe sieht dieses Museum für Afrikanische Befreiung als Umsetzung eines der Ziele des SADC-Abkommens, das historische, soziale und kulturelle Erbe der Menschen in der Region aufzuwerten und zu konsolidieren, damit die Geschichte Afrikas von eigenen Narrativen geprägt wird.

Dass viele von den Staats- und Regierungschefs genutzte Straßen noch rechtzeitig fertig wurden, ließ die Einwohner:innen Harares erstaunen, denn nach Einschätzung vieler Menschen begannen die Renovierungsarbeiten später als erwartet. Wie immer gehen Reparaturarbeiten an Hauptstraßen mit Einschränkungen für diejenigen einher, die diese tagtäglich nutzen. Umso mehr freuen sich viele Menschen, mit denen ich sprechen konnte, über die unverhoffte Verbesserung in ihrem Leben, die der SADC-Gipfel bewirkt hat. Anders ist es mit dem politischen Erbe.

Verschärfung des Shrinking Space nur für den Gipfel oder darüber hinaus?

Überschattet wurde der SADC-Gipfel durch die verstärkte Repression der simbabwischen Regierung gegen die Opposition und die zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die Brutalität des simbabwischen Regimes gegenüber der Opposition, der freien Presse und den Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen ist nicht neu. Sie ist Bestandsteil simbabwischer politischer Kultur geworden. Besonders eingeschränkt wurden die Handlungsspielräume für diese Gruppen im Vor- und Nachfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2023, vermutlich um die Wahlmanipulationen und deren Ergebnisse durchzusetzen. Die willkürlichen Handlungen der Sicherheitskräfte wurden in dieser Periode mit einer Verschärfung der Gesetze zur Regulierung aller Aktivitäten nichtstaatlicher Akteur:innen kombiniert. Dies erreichte einen Höhepunkt, als am 31. Juli 2024 Robson Chere, Namatai Kwekweza, Samuel Gwenzi und Vusumuzi Moyo auf dem Robert Mugabe International Airport in Harare gewaltsam aus einem Inlandsflug entführt wurden. Es handelt sich bei den vier Personen um einen Lokalpolitiker und Menschenrechtsaktivisten, einen Gewerkschafter, die Direktorin einer NGO und einen Künstler und Tontechniker, die auf dem Weg zu den Victoria Falls im Westen Simbabwes waren, wo sie an der African Philanthropy Conference (APC) teilnehmen wollten. Über Stunden herrschte Ungewissheit über ihr Schicksal, bis sie in einem der berüchtigtsten Gefängnisse Harares identifiziert werden konnten. Sie wurden gefoltert. Viele Menschen in Simbabwe vermuten, dass hinter dieser spektakulären Festnahme eine Einschüchterungsstrategie stand. Die Regierung Simbabwes hatte die Befürchtung, dass einige Einwohner:innen Harares, einer Stadt, die traditionell die Opposition wählt, den Gipfel der Staats- und Regierungschefs der SADC als geeigneten Anlass nutzen könnte, um Proteste gegen Korruption, unzuverlässige Wasser- und Stromversorgung, Inflation und Polizeibrutalität zu protestieren. Diese Angst wurde verschärft durch die Jugendproteste in Kenia und entsprechende Kampagnen auf Social Media, die suggerierten, dass ähnliche Proteste im August in anderen afrikanischen Ländern mit ähnlichen oder schlimmeren Problemen als Kenia zu erwarten waren. Simbabwe und Uganda wurden immer wieder als zwei mögliche Standorte dieser Proteste erwähnt. Die Regierung Simbabwes verschärfte nicht nur die Repression nach innen, sondern agierte nach außen auch mit einer Art Paranoia: Security Clearance durch entsprechende Ministerien wurde verlangt von allen, die mit Aktivitäten rund um den SADC-Gipfel zu tun hatten. Darüber hinaus nahm sich die Regierung viel Zeit, bevor sie in der letzten Woche den SADC- People‘s Summit genehmigte, der traditionell im Vorfeld des Gipfels der Staats- und Regierungschefs stattfindet. Die Sicherheitsüberprüfung kombiniert mit der späten Freigabe des SADC-People‘s Summit zeigte Wirkung: die meisten Gruppen, die traditionell immer an diesem Forum teilnehmen, blieben Simbabwe fern. Für mich, der bereits bei den SADC-People‘ s Summit in DR Kongo, Botswana, Südafrika, Namibia und Swasiland dabei war, war es traurig zu beobachten, dass diesjährige Gipfel in Harare der am wenigsten international besuchte Gipfel war. Selbst in Simbabwe in 2014 unter Mugabe war die Situation anders. Selbst die Teilnehmer:innen aus Simbabwe  waren so eingeschüchtert,  dass die meisten erst am zweiten Tag erschienen, vermutlich nachdem sie die Information erhielten, dass die Sicherheitskräfte, die an allen dezentralen Orten des Gegengipfels nicht zu übersehen waren, diesen am ersten Tag nicht niederschlugen. So eine Präsenz der Sicherheitskräfte rund um die Austragungsorte zivilgesellschaftlicher Aktivitäten war in der bisherigen Geschichte des SADC-People‘s Summits nirgendwo zu beobachten. In dieser vom Sicherheitswahn geprägten Atmosphäre gerieten die inhaltlichen Auseinandersetzungen fast in den Hintergrund.

Das Tragische für die Menschen in Simbabwe ist, dass das Ende des SADC-Gipfels dem Sicherheitswahn und der Terrorstrategie der Regierung kein Ende setzt. Viele Beobachter:innen der simbabwischen Politik vermuten, dass die Einschüchterung auf etwas Größeres als den SADC-Gipfel ausgerichtet ist: eine Verfassungsänderung zugunsten einer dritten Amtszeit von Mnangagwa. Dafür muss er nicht nur den von einer großen Fraktion seiner Partei geführten internen Widerstand, sondern auch eine andere Hürde überwinden: Eine Verfassung, die es vermutlich deutlich schwerer als in anderen afrikanischen Ländern gemacht hat, das Mandat des Präsidenten zu ändern. Die in der Verfassung eingebauten Hürden sind so groß, dass Mnangagwa großen Repressionsdruck aufwenden muss, um sein Ziel durchsetzen zu können. Für die Menschen in Simbabwe ist dies eine schlechte Nachricht, denn es bedeutet: nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel.