Der hohe und wachsende metallische Rohstoffverbrauch in Deutschland und Baden-Württemberg verschärft die sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Probleme entlang der globalen Rohstofflieferketten. In vielen Ländern und Regionen führt der Abbau von metallischen Rohstoffen zu verheerenden Umweltzerstörungen, Vertreibung der lokalen Bevölkerung, Verschmutzung des Grundwassers und lebenswichtiger Flüsse sowie zu zahlreichen schweren Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- und Zwangsarbeit. Besonders gravierend sind die globalen Ungleichgewichte: Während Länder des globalen Südens den Großteil der Rohstoffe abbauen und unter den sozialen und ökologischen Folgen leiden, finden Wertschöpfung und Verbrauch im globalen Norden statt. Baden-Württemberg nimmt als Industriestandort mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an produzierenden Gewerben eine zentrale Rolle in diesem globalen Gefüge ein.
Die 14. Entwicklungspolitische Herbstkonferenz des DEAB (Dachverbands Entwicklungspolitik Baden-Württemberg) am 11. November beleuchtete diese Herausforderungen unter dem Titel „Zukunftsfähige Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung von Rohstoffgerechtigkeit" und machte die Dringlichkeit des Themas deutlich. Zu Gast waren Staatssekretär Dr. Patrick Rapp aus dem Wirtschaftsministerium BW, die entwicklungspolitische Sprecherin Catherine Kern (Grüne) sowie Expert:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und zahlreiche Gäste. Es konnten verschiedene konkrete Hebel aufgezeigt werden, auf Landesebene der Verantwortung rund um Rohstoffgerechtigkeit gerecht zu werden. Diese Handlungsmöglichkeiten wurden auch zwei Wochen später bei der Klausurtagung des Rats für Entwicklungszusammenarbeit der Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut präsentiert.
Öffentliche Beschaffung als Chance für Veränderung
Ein zentraler Hebel liegt in der öffentlichen Beschaffung. Mit einem Volumen von über 350 Milliarden Euro hat die öffentliche Hand enormes Potenzial, soziale und ökologische Standards zu setzen. Aktuell werden jedoch nur bei 13,7 Prozent der Ausschreibungen Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt – eine Zahl, die sogar rückläufig ist. Ein verbindliches Landesvergabegesetz, das sowohl für das Land als auch für Kommunen verpflichtende Kriterien festschreibt, kann dieses zentrale Potenzial heben. Die bisherige Verwaltungsvorschrift, die seit Oktober gilt, setzt jedoch weiterhin auf Freiwilligkeit und lässt Fortschritte vermissen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Unterstützung von Kommunen und Verwaltungsmitarbeiter:innen in der nachhaltigen Beschaffung. Die Einrichtung eines Kompetenzzentrums könnte die Umsetzung erheblich erleichtern.
Unternehmensverantwortung unterstützen
Mit dem deutschen und europäischen Lieferkettengesetz wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet. Um Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere Betriebe – bei der Umsetzung zu unterstützen, hat das Land die Möglichkeit, einen Helpdesk einzurichten, der Unternehmen umfassend bei der Einhaltung von Sorgfaltspflichten beraten könnte. Dort würden rechtliche Grundlagen erläutert und Missverständnisse rund um bürokratische Herausforderungen geklärt werden können. Schulungsangebote für Mitarbeiter:innen sowie branchenspezifische Seminare könnten ergänzend angeboten werden.
Im Sinne der globalen Verantwortung und einer globalen Ressourcengerechtigkeit braucht es eine Rohstoffwende, die den Rohstoffverbrauch deutlich verringert, die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards sicherstellt und die Kolonialen Kontinuitäten beendet. Die Diskussionen mit Vertreter:innen der Landespolitik haben gezeigt, dass es konkrete Möglichkeiten gibt, Rohstoffgerechtigkeit voranzutreiben.