Afrika neu denken 2024

Afrika im Wettlauf um sich selbst. Perspektiven auf eine Emanzipation?

Quer durch die afrikanischen Länder ist ein wachsendes Selbstbewusstsein zu beobachten. In vielen Ländern des Kontinents reklamieren vor allem junge Menschen immer mehr Selbstständigkeit in allen Sektoren des Lebens.

Sie treten für ein Afrika ein, das weder pro-westlich noch pro-China oder pro-russisch ist, sondern in erster Linie pro-afrikanisch. Dieses Afrika soll aus ihrer Perspektive auf die diversen Wissenssysteme des Kontinents zurückgreifen und seine personellen, materiellen und spirituellen Ressourcen nutzen, um politisch und ökonomisch eigenständige Wege zu gehen. Die afrikanischen Staaten sollen nach realer Unabhängigkeit von der jahrzehntelangen Bevormundung durch den Westen streben.

Diese Wünsche vieler Menschen auf dem afrikanischen Kontinent müssen sich in einem Kontext behaupten, in dem Afrika erneut zum Schauplatz virulenter geopolitischer Interessen wird. Gleichzeitig könnte die gegenwärtige Situation nicht unterschiedlicher sein. Als Teil einer globalisierten Welt, als Teil internationaler Institutionen und als Partner, die nicht ausschließlich für ihre Ressourcen, sondern auch für ihr geopolitisches Gewicht umkämpft sind, erscheinen afrikanische Gesellschaften nun als Teilnehmende in dem Wettlauf um sich selbst.

Im Jahr 1884 begann die Berliner Konferenz auf Einladung des Reichskanzlers Otto von Bismarck. Die damaligen führenden europäischen Mächte teilten sich den Kontinent so untereinander auf, als handele es sich um einen Kuchen, und nicht wie der Realität gemäß um ein Fünftel der Landfläche des Planeten. Absurderweise begann mit der Aufteilung per Landkarte eine brutale Zeit der Kolonisierung, die den Wirklichkeiten in Afrika heute noch ihren Stempel aufdrückt. Dies ging in die Geschichte als „Scramble for Africa“ ein. 140 Jahre später tun die ehemaligen Kolonialmächte so, als würden sie nun nicht mehr über Afrika, sondern mit Afrika entscheiden, wie etwa der Compact mit Afrika oder die zahlreichen Afrika-Gipfel suggerieren. Dabei ist die Wirklichkeit jedoch viel komplexer. Trotz der historischen Umbrüche und Befreiungsbestrebungen sind die alten Herrschaftsstrukturen stabil geblieben. Afrika steht nach wie vor im Zentrum fremder Einflüsse. Im neuen „Wettlauf“ um Afrikas Ressourcen verschieben sich die Machtverhältnisse und das politische Gewicht Afrikas.  Die europäischen Kolonialmächte spüren die Auswirkungen der neuen Bündnisse afrikanischer Länder mit China, Russland, Indien, Brasilien und den arabischen Ölstaaten. Je mehr Ressourcen wie Kobalt, Lithium, Platin, Kupfer, Gas, aber auch Land und Wasser zur Herstellung grünen Wasserstoffs die Länder Afrikas vorzuweisen haben, desto begehrter sind sie. (Neue) Probleme, etwa ökologischer und ökonomischer Natur, werden geschaffen oder verschärft. 

Der erste „Scramble“ für Afrika verursachte Verwerfungen, die bis heute nachwirken. Deshalb werden in verschiedenen afrikanischen Regionen in unterschiedlichen Konstellationen und mit unterschiedlicher Intensität immer mehr Stimmen vor allem junger Menschen hörbar. Sie haben die Bevormundung durch externe Mächte und die „Einwicklung“ (Felwine Sarr) in deren Strategien satt.

Das Konferenzformat Afrika neu denken will im Jahr 2024 die Handlungsspielräume afrikanischer Länder in diesem neuen Wettlauf evaluieren und fragen, wo alte Dynamiken reproduziert werden, neue Chancen und Risiken entstehen und wie afrikanische Gesellschaften als Akteure in diesem Wettlauf zu Räumen für Utopien werden können.