10. Treffen des Forums nachhaltige Beschaffung: Schulungsoffensive und VwV Beschaffung

Forum nachhaltige Beschaffung Baden-Württemberg, 10. Treffen

Zwei Themen standen im Vordergrund des zehnten Treffens des Forums nachhaltige Beschaffung Baden-Württemberg, das am 6. Dezember 2018 im Gemeindehaus Erlöserkirche in Stuttgart stattfand: die im Juni gestartete Schulungsoffensive des Landes zur nachhaltigen Beschaffung sowie die überarbeitete Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung).

Gerd Oelsner, Leiter des Nachhaltigkeitsbüros der Landesanstalt für Umwelt BaWü (LUBW), gab einen Überblick über die bisherigen Aktivitäten und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Schulungsoffensive. An der Auftaktveranstaltung und den vier regionalen Schulungstagen hätten 345 Personen teilgenommen, insbesondere aus Landesbehörden, Kommunen und Landkreisen sowie Hochschulen. Über die Beteiligung von Hochschulen sei man erfreut; vonseiten der Kommunen habe man  sich eine größere Beteiligung gewünscht, insbesondere von kleineren Gemeinden. Die Befragungen zum Schulungsbedarf hätten hohe Werte für allgemeine Themen wie Rechtsgrundlagen und Instrumente der nachhaltigen Beschaffung ergeben, gefolgt von produktbezogenen Schulungen zu Büromaterialien/Papier, Fahrzeugen, IT-Produkten, Büromöbeln sowie Büo- und Haushaltsgeräten. Ebenfalls von Interesse seien Schulungen zu Reinigungsdienstleistungen und -mitteln, Textilien und Arbeitskleidung, klimafreundlicher Beschaffung sowie zu Lebensmitteln und Catering. Das Interesse an ökologischen und sozialen Aspekten sei in etwa gleich groß.

Für 2019 seien themenspezifische regionale Vertiefungsschulungen geplant, im Februar in Heilbronn und Göppingen, danach in Lahr, Tübingen und der Region Konstanz. Auch örtliche oder Inhouse-Schulungen seien möglich. Aus Sicht von Gerd Oelsner müsse es vor allem darum gehen, kleinen Gemeinden einen Zugang zum Thema zu ermöglichen; einige Ansatzpunkte und gute Beispiele stellte er vor. Die Produktwegweiser der LUBW würden zurzeit überarbeitet, außerdem sei ein Beschaffungskoffer zum Ausleihen in Arbeit.

Anschließend kommentierten Uwe Kleinert, Eine Welt-Fachpromotor für nachhaltige öffentliche Beschaffung, und Barbarita Schreiber, parlamentarische Beraterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die im Juli verabschiedete neue VwV Beschaffung aus ihrem jeweiligen Blickwinkel.

Uwe Kleinert bemängelte aus zivilgesellschaftlicher Perspektive und unter Bezugnahme vor allem auf die entwicklungspolitischen Leitlinien zum einen die Verwässerung des Nachhaltigkeitsbegriffs, zum anderen die nicht genutzte Chance für eine stärkere Berücksichtigung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Auftragsvergabe des Landes. Insbesondere kritiserte er, dass die VwV Beschaffung nach wie vor – und im Widerspruch zu den Regelungen auf Bundesebene – ausdrücklich untersage, die ILO-Kernarbeitsnormen bei den Zuschlagskriterien zu berücksichtigen. Damit werde den Beschaffer*innen in dieser Hinsicht ein etabliertes Instrument – nämlich die Bevorzugung von Anbietern mit vergleichsweise besseren Leistungen – vorenthalten. Das Verbot erschwere es außerdem, Signale an die Bieter zu senden, dass die Berücksichtigung der ILO-Kernarbeitsnormen ein für öffentliche Auftraggeber zunehmend wichtiger Aspekt ist.

Barbarita Schreiber hob zunächst hervor, dass die neue VwV Beschaffung ein zwischen den Ministerien in einem langwierigen Prozess ausgehandelter Kompromiss sei. Die Regierungsfraktionen hätten nur zehn Tage Zeit gehabt, noch Änderungen in die Kabinettsvorlage zu verhandeln. Die Grüne Fraktion habe sich im Vorfeld auch mit Uwe Kleinert ausgetauscht und versucht, noch Änderungswünsche einzubringen. An manchen Punkten sei das gelungen, an anderen nicht. Aus Sicht der Fraktion sei die Empfehlung, in den Kantinen des Landes 20 Prozent Bio-Lebensmittel einzukaufen, ebenso ein Erfolg wie der bevorzugte Einsatz von Open-Source-Produkten. Die Anpassung der Regelungen für den Ober- und den Unterschwellenbereich sei leider nicht gelungen; dasselbe gelte für die Aufnahme von IT-Hardware in die Liste der Risikoprodukte. Die VwV Beschaffung gelte nun bis Dezember 2024; es solle dann auf jeden Fall eine Evaluierung vorgeschaltet werden.

In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere darauf abgehoben, dass es bei den Schulungen für Kommunen darauf ankomme, deutlich zu machen, dass das Verbot, die ILO-Kernarbeitsnormen als Zuschlagskriterien zu nutzen, wie die VwV Beschaffung insgesamt für sie nicht bindend sei. Sie könnten von dem Instrument also Gebrauch machen und müssten die ILO-Normen nicht als Mindestanforderungen – oder gar nicht – zu Grunde legen. Herr Oelsner erklärte sich bereit, diese Bitte aufzunehmen. In diesem Zusammenhang wurde einhellig begrüßt, dass die Schulungsoffensive an Fahrt gewonnen habe.

Bei der Tour de Table ging es unter anderem ausführlich um die Beschaffung von Natursteinen. In diesem Kontext informierte Uwe Kleinert darüber, dass die Landesregierung wohl noch vor der Kommunalwahl im Mai 2019 eine sichere Rechtsgrundlage für kommunale Verbote von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit schaffen wolle.